kid - kulturisdorf herisau

philipp galizia mit am seil abeloo

eine totengräberballade

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am: samstag, 22.november 2003
um: 20:30 uhr
ort: altes zeughaus herisau

Lunzi, der Totengräber, ist tot. «Ändgültig ustrunke, d Schufle n abgä, am Seil abeglo.» Derweil im Säli das Leichenmahl serviert wird, setzt sich Philipp mit seinem Kontrabass in die leere Gaststube. An jenen Tisch, an dem Lunzi immer gesessen hatte. Ein Bier lang erzählt er mit seinem unverwechselbaren Schalk Geschichten und Episoden aus dem Alltag des knorrigen und verschmitzten, gutmütigen und wortkargen Totengräbers. Er lässt uns am erdigen Handwerk teilhaben, führt uns ins Bestattungswesen ein, geht mit uns durch die Grabreihen, singt und sinniert über Vergangenes und Vergängliches. Den Tod als stummen Gast zur Seite.

De Totegräber
Si händ e nid grad ernscht gno im Dorf. Totegräber isch für si en abgänte Bruef gsi. Wenn er noch der Arbet im Wirtshus sis Bierli trunke hed, händs e gföpplet und gfötzlet. Er hed nüd gseid und heds lo rede. «Wartid nur», hed er dänkt «öi loni zletscht no all zäme n am Seil abe.»
Josef Villiger

Der Freiämter Mundartdichter Josef Villiger (1910–1992) hat dieser Produktion nicht nur den Titel und einige Grabsteinsprüche geliehen. Sein virtuoser Umgang mit der Sprache, sein ausserordentliches Gespür für die Feinheiten und Eigenarten des Freiämter Dialekts und sein kritischer Geist haben bei Philipp Galizia und Adrian Meyer einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen und machten Villiger zum zweiten Götti der Totengräberballade.

Von Köbi zu Lunzi
Der Friedhof ist für Philipp Galizia seit seiner Jugendzeit ein vertrauter Ort. Er ministrierte bei unzähligen Beerdigungen und half seinem Onkel, einem Bildhauer, beim Setzen der Grabsteine.

Dabei lernte er den damaligen Totengräber von Muri, Jakob Strebel (1918-1996) kennen. Dessen Sprüche und Flüche, Witze und Geschichten blieben in Philipps Gedächtnis haften und bildeten den Ausgangspunkt zu seinem ersten Bühnensolo.

«Am Seil abelo» sollte aber kein dokumentarisches Abbild des Murianer Totengräbers werden. Nach und nach verdrängten Phantasie und Fabulierlust das Biographische. Und aus Köbi wurde Lunzi, eine erfundene Figur, der Jakob Strebel als Pate zur Seite stand.

Zusammen mit Res Wepfers feinsinnigen Liedern verwoben sich Wahres und Denkbares, Erlebtes und Ersonnenes zu einer heiteren und abgründigen, stillen und derben Totengräberballade.

mit unterstützung von

Gemeinde Herisau
Appenzell Kulturell